Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.

Derry Scher­hant, der Debü­tant, brauchte nicht lange, um den Ein­gang ins Spiel zu finden. Gerade zwei Minuten waren gegen den VfL Bochum vor­über, da ver­hakte sich der Offen­siv­spieler von Hertha BSC in einen Zwei­kampf mit Anthony Los­illa, dem Kapitän des VfL.

Der Ball schien schon ver­loren, aber Scher­hant, 20 Jahre alt und erst­mals in der Fuß­ball-Bun­des­liga von Beginn an auf dem Feld, setzte an der Sei­ten­linie nach und holte einen Ein­wurf für seine Mann­schaft heraus. Ich finde, dass er sehr gut gear­beitet hat“, sagte Sandro Schwarz, Her­thas Trainer. Auch vor dem 1:0, das dann nicht gezählt hat, hat er sehr gut nach­ge­ar­beitet und ist gleich aktiv im Gegen­pres­sing gewesen.“

Wissen, in wel­cher Situa­tion wir sind“

In einer par­al­lelen Welt wäre Derry Scher­hant nach dem Spiel in Bochum ver­mut­lich aus­giebig gefeiert worden. Von wegen: Hat vor dem emi­nent wich­tigen 1:0 durch Lucas Tousart den Ball zurück­er­obert, leis­tete damit einen wert­vollen Bei­trag zum Aus­wärts­sieg in Bochum, durch den sich Her­thas Situa­tion im Abstiegs­kampf gleich zu Beginn des Jahres merk­lich ent­spannt hat. Hertha war in der Ver­gan­gen­heit häu­figer mal ein Meister der par­al­lelen Welten, umso härter ist anschlie­ßend der Auf­prall in der Rea­lität aus­ge­fallen.

Auch am Samstag fiel er wieder überaus schmerz­haft aus. Der Füh­rungs­treffer wurde vom Video­as­sis­tenten ein­kas­siert. Statt 1:0 für Hertha stand es zur Pause 0:2 gegen Hertha, kurz nach der Pause dann sogar 0:3 und am Ende 1:3. Die Situa­tion im Abstiegs­kampf ist nicht ent­spannt, son­dern gleich zu Beginn des Jahres ernst wie lange nicht.

Durch die Nie­der­lage fiel Hertha in der Tabelle auf Platz 17 zurück. Abstiegs­kampf oder nicht? Wie wir das nennen, das bleibt euch über­lassen“, sagte Schwarz in der Pres­se­kon­fe­renz nach dem Spiel. Aber es kann sich jeder sicher sein, dass wir wissen, in wel­cher Tabel­len­si­tua­tion wir sind, und dass wir sehr seriös, kon­se­quent und kon­zen­triert damit umgehen.“

Bochum zeigt, was Hertha fehlt

Gegen Bochum, den vor­ma­ligen Vor­letzten der Tabelle, gelang seiner Mann­schaft das nur in wenigen Phasen zu Beginn. Da war Hertha sicher­lich domi­nanter“, wie Bochums Trainer Thomas Letsch zugab, ehe das Spiel immer mehr in unsere Rich­tung ging, auf­grund unserer Lei­den­schaft und unserer Men­ta­lität“. Im vierten Heim­spiel unter Letsch fei­erte der VfL den vierten Sieg. Hertha hin­gegen kas­sierte die erste Nie­der­lage in Bochum seit August 2009 und nach zuletzt drei Aus­wärts­siegen dort.

Schwarz hatte wäh­rend des Spiels eine lange Män­gel­liste ange­fer­tigt. Auf ihr war notiert: zu wenig Inten­sität, zu wenig Aggres­si­vität, zu wenige Sprints, vor allem gegen den Ball. Es geht vorne los im Anlauf­ver­halten, dass wir nicht so aktiv waren, wie wir es sonst sind“, sagte Her­thas Trainer. Das hat sich dann so rein­ge­schli­chen.“ Nach seiner Ein­schät­zung han­delte es sich aller­dings um inhalt­liche Ver­säum­nisse. Das hat wenig mit Ein­stel­lung zu tun.“

Immerhin: Derry war gut“

Es ist bemer­kens­wert, mit wel­cher Treff­si­cher­heit Hertha in dieser Saison immer den fal­schen Moment für Anflüge von Nai­vität und Sorg­lo­sig­keit erwischt. Und es ist bezeich­nend, dass es der jüngste und uner­fah­renste Spieler im Team der Ber­liner war, dem noch die wenigsten Vor­würfe gemacht werden konnten.

Derry war gut“, sagte Her­thas Tor­hüter Oliver Chris­tensen über den Start­elf­de­bü­tanten Scher­hant. Er hat einen guten Ein­druck gemacht.“ Auf ganze 40 Bun­des­li­gam­i­nuten, ver­teilt auf zwei Kurz­ein­sätze, hatte es der 20-Jäh­rige bis zum Samstag gebracht; in Bochum kamen 62 hinzu. Dass Schwarz Scher­hant nach etwas mehr als einer Stunde aus­wech­selte, hatte Gründe. Aber sie hatten nichts mit seiner Leis­tung zu tun. Unmit­telbar nach dem 0:3 brachte Schwarz drei neue Offen­siv­kräfte, stellte vom 4−2−3−1 auf 4−4−2 um. Aber auch diese Maß­nahme ver­puffte.

Er hat einen unge­wöhn­li­chen Weg genommen. Das macht ihn spe­ziell.“

Derry Scher­hant war in die Startelf gerückt, weil neben dem ver­letzten Chi­dera Ejuke auch Dodi Luke­bakio fehlte. Her­thas bester Tor­schütze war wegen seiner fünften Gelben Karte gesperrt. Am Dienstag, im Heim­spiel gegen seinen Ex-Klub VfL Wolfs­burg, wird Luke­bakio ins Team zurück­kehren und Scher­hant wieder auf der Bank Platz nehmen müssen.

Trotzdem hat der Junge aus dem eigenen Nach­wuchs seine Posi­tion inner­halb des Kaders in der Vor­be­rei­tung und bei seinem Ein­satz in Bochum deut­lich ver­bes­sert. Scher­hant ist jetzt eine echte Option für Schwarz. Als linker Flü­gel­spieler brachte er gegen den VfL all das ein, was Her­thas Trainer bei seiner Mann­schaft ver­misst hatte: Scher­hant war aktiv, griffig, mutig, wider­ständig. Derry hatte sehr gute Momente. Er hat sehr gut dage­gen­ge­halten“, sagte Schwarz. Für sein erstes Spiel von Anfang an war es sehr ordent­lich.“

Und das erst recht bei seiner Vor­ge­schichte. Bis auf wenige Monate in Her­thas A‑Jugend hat Scher­hant nie ein Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum besucht. Er hat einen unge­wöhn­li­chen Weg genommen“, sagt Schwarz. Das macht ihn spe­ziell.“

Derry Scher­hant sind die Dinge nie zuge­flogen, er hat sich alles erkämpfen müssen. Das ver­stärkt den Hunger womög­lich noch. Oliver Chris­tensen, Her­thas Tor­hüter, sagte nach dem Spiel in Bochum: Ich denke, der wird kommen.“

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